Zusammen feiern

Wenige Monate vor dem Lockdown war es gewesen, im Herbst 19, als sich einige Menschen, die sich einst über soziale Medien und Blogs kennengelernt hatten, zum Feiern, Essen und Zusammensein auf dem Einsamen Gehöft eingefunden hatten. Schön war es gewesen und wir versprachen uns, das bald zu wiederholen. In den darauf folgenden Jahren gab es einige halbherzige, pandemieüberschattete Versuche, ein neues Treffen zu organisieren, doch sie verliefen alle im Sande.

Und auf einmal ist es uns doch wieder gelungen, Menschen von damals wiederzuvereinen. Viele von damals und dazu solche, die wir primär physisch kennen, trafen sich am letzten Wochenende für ein bis drei Tage gemeinsam zum Frühlingsgenuss und Draußensein auf dem Hof des Liebsten.

Am Freitagabend kam der Vorspann, samstags und sonntags gab es die volle Dröhnung und heute Morgen nahmen wir vom letzten Besucher Abschied.

Dazwischen? Viele Gespräche, Lachen, zusammen Gemüse schnippeln, kochen, trinken, essen, grillen, Geschirr spülen, Hunde streicheln, UNO spielen, Zelte aufbauen, Schlafplätze einrichten … zusammen am Feuer sitzen und – sagte ich es schon? – viel lachen.

Gestern Abend, als wir uns hinlegten, sagte ich zum Liebsten, dass ich wirklich von ausnahmslos allen den Eindruck habe, dass sie – zumindest ein bisschen – gestärkter und heiterer den Hof verlassen haben als sie ihn betreten haben. Es war für alle Platz, für die leisen ebenso wie für die eher lauteren, für die eher jüngeren ebenso wie für die eher älteren. So soll es sein.

Danke, Frau Lakritze, Frau Rebis, Der Emil, Frau Ostseenudel und St., S. und F., lieber Kai, liebe Kazi und liebe Silvia, für euer Da-Sein.

Die folgenden Bilder hier sind nur eine kleiner Einblick, fotografiert von Irgendlink und mir; inklusive einem Gastfoto von K. Dö., das die Lagerfeuerstimmung sehr schön wiedergibt.

Von Leere und Fülle

Ich mag es eigentlich nicht so, wenn in Foodblogs zu viel getextet wird. Ich will einfach ein Rezept – und gut ist. Wie immer gibt es natürlich Ausnahmen. Denn bei Herr Grün ist es anders. Er schreibt oft kleine Geschichten zu seinen Rezepten.

Heute diese hier.

Heute erzählte mir der Professor beim Mittagessen von einem Kaufhaus, das er mit dänischen Professor*innen entwickelt hatte. Das Projekt hieß »Kaufhaus der Wünsche«.

Es handelte sich um ein leerstehendes Kaufhaus in der Innenstadt von Åbenrå, einer kleinen Stadt in der Region Syddanmark.

Zu Beginn sollte das Kaufhaus keine Waren enthalten und nur leere Regale und einen Tresen. Die Kaufhausbesucher*innen konnten beim Personal etwas bestellen, dass es in der Stadt nicht gab oder auch einen Stadtveränderungs-Wunsch äußern. So würde das Kaufhaus langsam mit den Produkten bestückt. Wünsche zur Veränderung der Stadt wurden in der Stadtverwaltung bei Häufung diskutiert und eventuell umgesetzt.

Mh – also ich fand die Idee super und fragte den Professor, ob ich mir auch etwas wünschen könne. Das ginge nur beim Besuch der Stadt – so könne Åbenrå ein Attraktion werden, meinte er.

Ich werde Åbenrå auf jeden Fall besuchen. Einen Wunsch habe ich auch schon. Dabei geht es um Pizza und … Aber mehr verrate ich noch nicht 🙂

Zum Rezept geht es hier lang. (Mit ein paar Anpassungen kann ich das sogar histaminfrei kochen. Klingt nämlich sehr lecker.)

Und ja, mir gefällt dies Idee mit dem am Anfang leeren Laden und dass darin Waren anhand der Bedürfnisse der Kund:innen angeboten werden sollen statt Bedürfnisse zu wecken, die zuvor gar nicht vorhanden waren.

Konsumieren neu denken.
Bedürfnisse neu definieren.

Was wohl in meinem einstmals leeren Laden in den Regalen läge?
Und in deinem?

Ausnahmsweise mache ich die Kommentare auf, denn ich bin gespannt auf eure Ideen und Bedürfnisse.

Zweitägige Altweibersommer-Velotour

Am Samstagmorgen wird es konkret. Sollen wir oder sollen wir nicht?, fragen wir uns, zumal die kleine Radtour am Freitagnachmittag Lust auf mehr gemacht hat, das Wetter prächtig, die Wärme keine Hitze sondern erträglich. Eine Zweitagestour: Ja oder nein? Zu Fuß oder per Rad? Falls zu Fuß: von hier aus oder wo hinfahren und von dort loswandern? Welchen Teil der Schweiz wollen wir erkunden? Berge oder Hügel, Flüsse oder Täler?

Wir können uns ob der Überfülle an Möglichkeiten nicht entscheiden, sodass zumindest die Frage per Rad oder zu Fuß vom Los entschieden wird.

Ich muss unbedingt noch den Akku laden!, sage ich zum Liebsten. Und dann lade ich ihn, den Handyakku und den der Powerbank, damit der marode Handyakku nicht leer wird. Den Bike-Akku aber, den ich dringend laden wollte, vergesse ich. Aber echt jetzt …!

Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Pfannenbroten packen wir unsere Fahrradtaschen samt Zelt und Schlafsäcken und fahren los.

Beim Losfahren wissen wir noch nicht, wohin wir fahren werden. Wie so oft überlassen wir den Weg den spontanen Entscheidungen. Diesmal ist es Irgendlink, der auf den Bözberg will. Seit er am Donnerstag – auf seiner Fahrt zu mir – unterwegs eine Werbung für ein Event in Sennhütten gesehen hat, will er unbedingt mal wieder nach Sennhütten.

Es geht um diese eine Jodlergruppe. Ich versuche ihm klarzumachen, dass diese Jodlergruppe eher zur konservativen Fraktion der Volksmusik gehört und darum wohl eher nicht seinem Musikgeschmack entspricht. Nun denn, schon nach zwei Tagen haben sich die Effinger Jodler in unser Runnig Gags-Repertoire geschlichen und nun, da Sennhütten in erreichbare Nähe gerückt ist, beschließen wir, als oben auf dem Bözberg angelangt sind, auch wirklich nach Sennhütten zu fahren.

Inzwischen habe ich festgestellt, dass mein Bike-Akku nur gerademal zu zwei Dritteln voll ist. Nach den Steigungen zum Bözberg sogar nur noch knapp halb voll. Mist aber auch! Ich rege mich kurz auf, doch irgendwann beschließen wir, das Beste daraus zu machen. Große Steigungen soll es also eher nicht mehr geben, wenn ich nicht mein schwer beladenes Bike schieben will. (Denn, nein, ich bin keine von diesen zähen Tourenradler:innen, die ohne Motor ihr vierzig, fünfzig Kilo schweres Rad mit purer Muskelkraft Berge hoch kurbeln können. Wo immer möglich fahre ich zwar ohne Akku, aber wenns aufwärts geht, bin ich froh um den Hilfsmotor.)

Wir rasten also ein Weilchen in Sennhütten mit seinem beliebten kleinen Berg-Imbiss auf über sechshundert Metern Höhe. Irgendlink ist ein wenig enttäuscht, dass die Sennhütten-Chilbi (Kirmes) erst um 17 Uhr losgeht und er die Jodlergruppe nicht hören kann, da wir nicht so lange warten wollen. Ich dagegen bin, wenn wunderts?, eher erleichtert. Andererseits, sagt er einsichtig, im Festzelt ist es eh stickig.

Wir schauen uns die Karten an und überlegen, wie wir eine meinem Bike-Akkustand entsprechende, zweitägige Tour zusammenbekommen könnten. Ich kann noch etwa vierzig Kilometer mit Motorunterstützung fahren. Wir entscheiden uns dafür über Mönthal und Sulz an den Rhein zu fahren, fast alles – akkuschonend – abwärts … und nachher ist die Strecke eh größtenteils relativ flach.

Die Abfahrt unterbrechen wir bei einem Dorfladen, da mir unterwegs eingefallen ist, dass ich den Reis einzupacken vergessen habe. Geplant ist, dieses Wochenende ohne Histamin und ohne Kühlung von Lebensmitteln auszukommen. Und damit hoffentlich ohne Unverträglichkeitsreaktionen meinerseits. Also sind in unserem Futtersack vor allem ein paar Gemüsesorten dabei, die – zu einer Pfanne Reis – ein leckeres Abendessen abgeben sollen. Nur leider ist der Reisbeutel daheim geblieben. Statt Reis kaufen wir im Dorfladen Kartoffeln.

Bald reiten wir weiter. Bei Rheinsulz fahren wir an jene Stelle, an welcher wir vor wenigen Monaten schon mal mit unsern Hängematten gerastet  haben. Wir überlegen sogar, am ruhigen und schön gelegenen Rheinstrand zu baden, doch auf einmal kommt Wind auf und in der Ferne sind Donner zu hören. Der Himmel überzieht sich und spricht von einem nahenden Gewitter. Wir verwerfen also unsere Badepläne und fahren weiter, dem Gewitter davon, Richtung Koblenz. Zuerst an der mittelstark befahrenen Landstraße entlang durch die Dörfer. Zum Glück führt der Radweg irgendwann wieder direkt am Rhein entlang, wo es sich deutlich angenehmer fährt.

Wir halten auf einer halbschattigen Bank an und testen die Rheintemperatur, überlegen, hier reinzuhupsen, lassen es dennoch bleiben, genießen den späten Nachmittag und überlegen, dass wir demnächst einen Lagerplatz suchen sollten, da es ja um halb neun dunkel ist und wir vorher kochen und zeltaufbauen wollen. Irgendwann erreichen wir die Vereinigung von Rhein und Aare und ab dort radeln wir aareabwärts. So erleben wir sozusagen unsere beiden in den letzten Jahren erwanderten Flüsse im gleichen Aufwisch, zwei für ein.

Nach einer letzten Etappe finden wir in Felsenau, direkt an der Aare, ein öffentliches Feuerstellen-Gelände ohne Zeltverbot und beschließen, auf der angrenzenden Wiese unser Lager aufzuschlagen. Direkt neben einer kleinen Bank, die uns als Küche dient.

Wir kochen einen ausgezeichneten Gemüseeintopf aus Karotten, Zucchini, Paprika und Kartoffeln. Wunderbar nährend.

Nach Abwasch am Brunnen und Zeltaufbau setzen wir uns ans Feuer, das Irgendlink inzwischen gebaut hat. Aus Holzscheiten improvisieren wir uns Hocker (siehe Bild unten, wo man zwei Scheite sieht), doch auf Dauer ist das nicht wirklich bequem. Am Boden, auf der kleinen Isomatte, ist es dann doch gemütlicher.

Feuermeditation. Einfach nur Sein. Gucken. Ein bisschen was erzählen. Schweigen. Dem Feuer lauschen.

Die Nacht ist kühl. Zum Glück haben wir warme Sachen dabei.

Der Morgen ist herrlich. Ich liebe es, das Zelt zu öffnen und der Sonne beim Aufgehen zuzuschauen. Wir kochen Tee und Kaffee und haben überhaupt keine Eile wegzukommen. Irgendlink rührt den Pfannenbrotteig an, den ich zuhause mit Hanf- und Braunhirsemehl vorbereitet habe. Und schon wieder ein Test: Wie sehr nährt diese Mischung, da ich ansonsten so ganz ohne Kühlmöglichkeiten keine eiweißhaltigen Speisen dabei habe ? Spoiler: Sehr gut sättigt es, das Pfannenbrot-Frühstück mit Butter, Honig, Salatgurken. Und dazu schmeckt es einfach genial! (Eigenlob stinkt nicht immer.)

Bei der einen der beiden Feuerstellen in der Nähe unseres Lagers liegt ein Reserviert-Zettel für den Sonntag, was einen Mann, der eben diesen Platz lieber als den anderen, freien, für sein Gelage gehabt hätte, nervt. Das sei doch nicht zuläßig!, jammert er uns die Ohren voll. Das sei doch nicht rechtens. Er baut also auf dem zweiten Zeltplatz ein ganzes Lager aus Stühlen und Tischen auf und ist für mich in alledem die Verkörperung des typischen Schweizer Füdlibürgers (Spießbürgers).

Nun denn, uns kann es ja egal sein, denn inzwischen haben wir lecker gefrühstückt, das Zelt abgebaut und es an der Sonne trocknen lassen, das Geschirr gespült und alles wieder auf die Räder geladen. Es kan losgehen.

Einfach immer der Aare entlang. Wir haben Zeit. Den ganzen Tag. Es sind ja nur etwas über zwanzig Kilometer bis nach Hause. Die Radwege sind gut ausgelastet, aber noch nicht so, dass sie nicht mehr gut zu fahren wären. Man grüßt sich. Die wenigen Radelnden mit Mehrtagesgepäck wie wir grüßen sich besonders freundlich, dünkt es mich, und es fühlt sich richtig gut an, auch mal eine von jenen zu sein, die in ihren Radtaschen den halben Haushalt mit dabei haben.

An jeder schönen Stelle halten wir an und genießen Schatten und Aare, Waldgrün und Frischluft. Im Hinterkopf läuft immer die Suche nach einem Stück Wald mit, in welchen wir unsere Hängematten hängen könnten.

Bei Villigen wechseln wir die Flussseite und finden in einem Stück Wald unsere Hängeplätze. Hach. Seelengebaumel vom feinsten! Und da wir nicht direkt am Weg sind, ist es sogar ziemlich ruhig. Aber irgendwann dann auch ziemlich kühl, was angesichts des sonnigen Wetters fast unglaublich klingt. Aber der Waldschatten hat es in sich. Abgekühlt und so langsam ein bisschen hungrig geworden, radeln wir weiter.

In Stilli setzen wir uns auf eine schattige Bank und picknicken. Die zweitletzte Steigung, zum Glück keine große, wartet danach auf uns. Ausgerechnet mittendrin ist mein E-Bike-Akku leer. Ich habe mich zum Glück schon die ganze Zeit auf diesen Moment eingestellt.

Es ist, wie es ist. Dann schiebe ich halt. Wie ein Mantra sage ich es mir vor.  Es funktioniert. Ich muss tatsächlich schieben, da ich einfach nicht so viel Kraft und Ausdauer habe, mein etwa vierzig Kilo schweres Rad diese Steigung hochzukurbeln. Es ist, wie es ist. Diese Akzeptanz zu finden gelingt. Vielleicht auch, weil das letzte Wegstück bekannt ist und überschaubar.

Beim Picknick haben wir beschlossen, an unserer Lieblingsbadestelle – am Limmatspitz bei Vogelsang – unsere gelungene Tour zu feiern. Vermutlich würde es zwar viele Leute haben, die, wie wir, ein letztes Bad genießen wollten, aber was soll’s?

An unserer üblichen Liegestelle sind wir für uns allein, die meisten Leute haben sich an der Nasenspitze der Halbinsel hingelegt. Herrlich kühl ist sie, die Limmat. Wie gut es tut, die Hitze der letzten Stunden abzuspülen und das Wasser auf der heißen Haut zu fühlen. Ich lege mich im Wasser auf den Rücken, blicke in den blauen Himmel und bin einfach nur dankbar für diese letzten Altweibersommertage. Manchmal kann ich so die Welt um mich herum für eine Weile vergessen und einfach nur den Moment genießen.

Daheim angekommen zeigt der Tacho für die beiden Tage zusammen 66 Kilometer an und ich weiß: ohne Motor hätte ich das nicht geschafft. (Dass andere solche Strecken ohne Motor und an einem einzigen Tag machen, ist mir egal.)

Ich genieße das wunderbare Gefühl, mit meinem Lieblingsmenschen zusammen etwas Tolles erlebt zu haben.

Radelstrecke als Umap-Karte


Hier nun noch ein paar Bilder von Irgendlink und mir:

 

Dem Liebsten sei’ Brötchen und die Sache mit dem Horten von Dingen

Ja, klar kann ich Genitiv, Dialekt klingt aber im Dativ einfach besser.

Weil wir dieser Tage an einem zukünftigen Hof-Loppis  aka Hof-Brocante schuften, hat der Liebsten vergessen, sich am Montag Brot zu backen. Das kann er nämlich inzwischen richtig gut. Kurz nach dem Beginn der Pandemie, mit wachsendem Ekel vor virenbehafteten Bäckereifachverkäufer:innenhänden, begann sein Brotbackabenteuer. Mal mit wenig Hefe, mal mit Sauerteig, experimentierend mit verschiedenen Getreiden, mal hell und dunkel. Meistens lecker.

Im gleichen Aufwisch vergrößerte er auch die Gartenfläche, versorgte sich weitestgehend mit Selbstgeerntetem und bekochte sich, statt regelmäßig bei Muttern zu futtern, hinfort selbst. #Stayathome-sei-Dank. So gibt es seither viel weniger Fleisch und viel mehr Gemüse. Das aber nur am Rand, denn hier soll es ja um Brot gehen. Und, nun ja, auch um Besitz.

Da ich – im Gegensatz zu ihm – aus gesundheitlichen Gründen keine Hefe- und Sauerteigbrote mehr essen kann und schon eine Weile meine glutenfreien Brote mit Weinsteinbackpulver backe (guckt hier), backen wir zweierlei Brote. Gestern Morgen nach dem Aufstehen schlug ich ihm, dem Brotlosen, vor, für ihn nicht-glutenfreie, nicht-histaminfreie Brötchen mit Backpulver statt Hefe zu backen. Weil ich das schon immer mal ausprobieren wollte. Durfte ich. Weil er Lust auf etwas mit Roggen hatte – und davon auch genug Mehl im Haus –, recherchierte ich ein wenig im Netz, kombinierte das Gelesene mit meinen bereits gesammelten Erfahrungen und bastelte eine Backmischung für ihn. Und, was soll ich sagen, das Ergebnis schmeckte ihm auf Anhieb sehr lecker.

Roggendinkelbrötchen auf Teller
Roggendinkelbrötchen

»Was hat es denn da drin?«, fragte er beim Frühstück. »Nein, sag nichts, ich kann es bestimmt später in deinem Foodblog nachlesen!«

»Ähm, nein, kannst du nicht, weil … nun ja, das ist ja eben nicht ganz histaminfrei, was du da isst!«

»Ach ja. Hm. Ich verstehe. Da fehlt dann aber auf deinem Foodblog eine Rubrik mit Rezepten für die nicht histaminintoleranten Angehörigen!«, sagt er und grinst.

»Oder aber,« sage ich, »ich widme ’dem Liebsten seinen neuen Brötchen’ einen kleinen Blogartikel im Soso-Blog, damit du sie jederzeit nachbacken kannst!«

Und das, obwohl ich ja neulich angekündigt habe, dass es hier keine Rezepte-Artikel mehr geben werde. Egal. Ich darf. (Rezept siehe unten).

+++

Die Idee mit einem Hof-Loppis samt Hof-Café taucht regelmäßig in unseren Köpfen auf. To do or not to do? Warum eigentlich nicht? Und jetzt, da unser Freund S. ins Pflegeheim umgezogen ist, Irgendlink die letzten Wochen mit dessen Wohnungsauflösung verbracht und viele Dinge während unzähliger Umzugsfahrten in ebensovielen Kisten auf den Hof geholt hat, wird die Idee konkreter denn je. Menschenskinder, sind das viele Bücher! Und Geschirr. Töpfe. Gläser. Deko. Küchendinge. Eine alte Registrierkasse.

Kleiner Exkurs in die Welt der Bücher: Was so ein Buch wohl alles schon gesehen hat? Das wäre eigentlich auch mal ein literarisches Schreibprojekt. Jemand fängt die Geschichte damit zu erzählen an, wie ein Buch vom Laden zur ersten Leserin kommt. Die gibt es weiter. Der nächste Leser legt es in eine Bücherkiste. Später Flohmarkt, noch später Bookcrossing.

Fließen lassen statt besitzen. Denn ja, die Frage stellt sich, warum wir alle – nun ja: fast alle – so viele Sachen anhäufen. Nein, eigentlich ist es keine Frage. Die Antwort liegt wohl im Menschsein. An der Natur der menschlichen und tierischen Natur. Jagen und Sammeln. Sicherheitsdenken. Habenwollen. Die Freude und die Last des Besitzens.

Am Montagabend, als wir das letzte Mal in der Wohnung sind, um die großen Dinge zu holen, die Irgendlink allein nicht hatte transportieren können, füllen wir nebenbei erneut ein paar Kisten mit Büchern. Diesmal auch mit Dingen, die wir persönlich haben wollten. Ich sage nur Astrid Lindgren und Christa Wolf. Und Lavendelbadezusatz. Und Wäschekorb. Und, und … so weiter und so fort. Diese ambivalente Gier gepaart mit dieser Scham vor dem eigenen Hamstertrieb. Die Sache mit dem Haben also, dem Besitzen. Mit der Anhaftung. Mit dem Loslassen.

Nachdem wir den Wäschetrockner und das Bücherregal im Auto verstaut haben, gehen wir ein letztes Mal durch die halbleeren Räume, die demnächst ein Entrümpelungsunternehmen noch vollständig leeren wird.

Wir sehen viele Jahre gelebtes Leben, verdichtet in Materie. Unzählige Besuche unsererseits fallen uns ein. Endgültigkeit, Vergänglichkeit und Unwiederbringlichkeit rauben uns beinahe den Atem. Immerhin ist niemand gestorben. Weh tut es trotzdem. Leben ist ganz schön krass. Wir werden geboren und wir sterben. Dazwischen liegen ein paar Jährchen Lebenszeit mit viel Fühlen und Denken, Lernen und Leiden, Essen und Trinken. Und Brotbacken. Des Liebsten Roggen-Dinkel-Brötchen zum Beispiel.

+++

Rezept für drei | sechs Brötchen

• 125 g | 250 g Dinkelmehl
• 60 g | 120 g Roggenmehl
• 65 g | 130 g Roggenvollkornmehl
• 2 EL | 4 EL Chiasamen
• 0,5 EL | 1 EL Flohsamenschalenmehl
• 2,5 EL | 5 EL Kürbiskerne
• 0,5 EL | 1 EL Haferflocken
• 0,5 TL | 1 TL Salz
• 7 g | 14 g Weinsteinbackpulver
alles gut mischen

• 2,5 dl | 5 dl lauwarmes Wasser
zugeben und zuerst mit dem Löffel, später von Hand gut mischen und kneten (ein paar Minuten). Der Teig ist noch feucht.

1. Teig eine Viertelstunde stehen lassen. Danach auf dem Tisch auf wenig Mehl drei | sechs Brötchen formen und auf gefettetes Blech/Backpapier oder in Cakeform legen.
2. Im auf 230° vorgeheizten Ofen bei Ober- und Unterhitze eine Viertelstunde backen. Danach den Ofen auf 200° herunterschalten und weitere ca. 30 (25-35) Minuten ausbacken (Backzeit hängt von Ofen ab.)

Roggendinkelbrötchen, aufgeschnitten auf Teller
Roggendinkelbrötchen

Tipps

1. Der Teig kann natürlich auch als (Kasten-)Brot ausgebacken werden, dann erhöht sich die Backzeit entsprechend.
2. Im Backofen eine Schale mit heißem Wasser ’mitbacken’ macht Brote und Brötchen knuspriger

Lecker seien sie, sagt der Liebste, außen knusprig, innen fluffig.

Neue Fallmaschen 106 | 2021

gelesen | Nora Tschirner spricht über ihr Leben als depressive Frau, als Mutter, als Schauspielerin. Ein Text, den ich sehr herzlich zum Lesen empfehle. (Nur Text)

»Ich glaube, dass die Scham mehr Leute tötet als die Depression. […] Der Perfektionismus ist ein klassischer Leistungsgesellschafts-Auswuchs. Immer wollen wir alles super und ganz alleine hinkriegen. Dabei sind wir als Angehörige einer sozialen Spezies überhaupt nicht dafür gemacht, Sachen alleine hinzukriegen. Null, gar nicht! Aber das ist es, was wir von Tag eins an eingetrichtert bekommen. Das Baby muss lernen, alleine in einem dunklen Raum zu schlafen? Nein, muss es nicht.«

+++

gegessen | Meine gluten- und histaminfreien Omeletts-Crêpes-Pfannkuchen werden immer leckerer. Ich verrate euch das Rezept.

Hier ist es: Omeletts-Crêpes-Pfannkuchen

Omelett in Pfanne im Hintergrund, im Vordergrund ein Stück gerollte Omelette auf Gabel
Omeletts in the making

Pro 1 Ei | pro 4 Eier

30 | 120 g Maismehl (Maisstärke)
15 | 60 g Kartoffelmehl
9 | 36 g Kastanienmehl
9 | 36 g Kokosmehl
1-2 Prisen Salz

1. 1 Ei | 4 Eier und 1 dl | 375 ml (Hafer-)Milch dazugeben. Alles gut verrühren.
2. Die Mischung 20 Minuten quellen lassen.
3. Nach den 20 Minuten den Teig nochmals kräftig umrühren.
4. Den Teig mit einer Schöpfkelle portionsweise in eine heiße Pfanne mit Öl geben und dünne Pfannkuchen backen.

Eifreie Alternative mit Chia-Gel:
Dazu 1 EL Chiasamen mit 1 dl Wasser verrühren und 30 Minuten quellen lassen (ich püriere das Gel vor dem Einsatz, damit es sämiger wird).
Die Milchmenge entsprechend anpassen, so dass ein sämiger Teig entsteht.

Zwei gerollte Omeletts auf Teller
Zwei gerollte Omeletts auf Teller

Süß versus grau

Als ich heute Morgen zwei Scheiben meines Superbrotes aß, die ich mit Kokosmuß und Ahornsirup genoß, fiel mir eine Diskussion ein, die ich neulich mit anderen Histamin-Nichtvertragenden in einer FB-Gruppe geführt hatte.

Es ging um unsere zeitweilige Lust auf Süßes. Gerade jetzt. Im Winter. In dieser tristen graunebligen Zeit, in der wir alle in eine Art Wartemodus festgetackert sind. Die eine warten auf den Impfstoff, die andern aufs Christkind, nochmals andere auf Besserung der Gesundheit und wieder andere darauf, dass die Menschheit endlich aufhört, sich zu bekriegen. Und manche sogar auf alles miteinander.

So oder so. Auch Histaminas haben süße Lüste, doch die ist für die meisten von uns nicht soo einfach zu befriedigen. Zwar ist Zucker histaminfrei, aber in der Regel essen wir Zucker ja immer in Kontext mit anderen, für uns oft unverträglichen Dingen. Gerade Milch- und Getreideprodukte erzeugen sehr unangenehme Symptome, ich sag nur Weizen, Joghurt und Co.

Nach fast zwei Monaten ohne Zucker hat sich mein Blutzuckerspiegel so positiv verändert, dass ich kaum mehr Heißhungerattacken habe und auch kaum mehr diese oft stressigen Unterzuckerungszustände bei Hunger, bei denen es mir flau wurde und ich sofort etwas essen musste.

Dennoch habe ich ab und zu die eine oder andere süße Lust, gerade weil das Leben zurzeit eher unlustig ist. Darum auch die Apfelmuffins neulich. Mein erster, erfolgreicher Süß-Versuch. Heute nun gönnte ich mir ein weiteres kleines Kochexperiment und zauberte mir einen carameligen Brotaufstrich.

Sehr lecker geworden. Vegetarisch sowieso, und sogar fast vegan, aber da ich noch Butter im Kühlschrank hatte, habe ich diese verwendet.

Fast vegane gesalzene Caramelbutter (Brotaufstrich)

200 g Zucker
3 EL Wasser
100 g Butter oder Pflanzenmargarine: entweder gesalzen oder dann süß plus 1 flachen TL Meersalz
> in Stücke geschnitten

2 dl Haferrahm*

Den Zucker mit dem Wasser in einer Pfanne ohne Rühren aufkochen. Hitze reduzieren, unter gelegentlichem Hin-und-her-Bewegen der Pfanne köcheln, bis ein hellbrauner Caramel entsteht. Butter beigeben, unter Rühren schmelzen.

Den Rahm/die Sahne dazugießen, alles gut mischen und immer mal wieder umrühren. Etwa 5 Min. weiterköcheln, bis die Masse dickflüssig ist. Diese schließlich hei in vorbereitete saubere, vorgewärmte Gläschen gießen und sofort verschließen.

Pfanne mit Caramelbutter, die vor sich hin blubbert, am oberen Bildrand der Schwingbesen.
Caramelbutter im Topf
Zwei Gläschen mit Caramelbutter, auf Holztisch schattenwerfend
Caramelbutter im Glas

* Meinen Haferrahm (2 dl) habe ich aus Hafermilch selbst gemacht.

Das geht zum Beispiel so:

Zuerst im Standmixer oder Mixbecher Hafermilch herstellen:
2-3 EL Haferflocken in etwa 2 dl heißem Wasser einweichen (5-10 Min.)
1 TL Kokosfett
2 Prisen Salz
Nach der Einweichzeit sehr fein pürieren.

Bis es soweit ist in großer Tasse (ca. 3 dl) folgende Zutaten anrühren, bis die Maße dickflüssig, sämig und klumpenfrei ist:

1 TL(gehäuft) Maranta-Tapioka-Stärke (oder andere?)
1 TL Xanthan
1 TL (gehäuft) Kokosfett
wenig Ahornsirup
1 Prise Salz
wenig heißes Wasser (3-6 EL, nach Bedarf)

Wenn die Milch fertig püriert ist, die Tasse auf die Waage stellen und die Hafermilch durch ein Sieb dazu geben bis die Gesamtmenge von 200g erreicht ist.

Fein rühren bis die Konsistenz von Rahm/Sahne erreicht ist und den Haferrahm für Rezepte verwenden wie Rahm/Sahne.

+++

Ha, und genau jetzt drückt sich die Sonne sich ein klein bisschen durch den dicken Hochnebel. Wie schön ist das denn?