Aus der Zeit gefallen

Bei unserm kleinen Spaziergang am Samstagnachmittag denke ich über meine Wahrnehmung der Zeit nach. Und über die Dinge, die ich beim Durchschreiten der Zeit so tue. Normalerweise klebe ich Erlebnis an Erlebnis, Ding an Ding, eins ans nächste, und webe mir so aus den Dingen, die ich tue, ein dichtes Alltagsgewebe. Jedes Ding, das getan ist, hake ich ab, froh und erleichtert, es getan und nun hinter mir zu haben, selbst wenn es etwas Schönes war.

Ein einziges Hinter-mich-bringen-von-Dingen ist Leben letztlich, ein einziges Verschieben von Dingen von A nach B, bildlich und physisch, zumindest bei mir. Am Morgen auf den Abend schielend, wo ich auf die getanenen Dinge zurückschauen werden kann – mit einem übrigens durchaus guten, befrieidigenden und zufriedenen Gefühl, das ich natürlich auch tagsüber beim Tun von Dingen erlebe. Nur ist eben immer dieses Getrieben-Gefühl mit im Spiel: mein Zeiterlebnis als voranschreitende Bewegung auf einer Linie mit einem immerwährenden Schnell-Schnell-Schnell im Innenohr – Konditionierung sei Dank.

Doch dann gibt es auch diese wahrhaftigen Momente, diese Dinge, diese Erfahrungen, diese Erlebnisse, diese Tun-Dinge, bei denen ich aus der Zeit falle. Das sind für mich die wahren Zeiten, obgleich sie unmess- und unfassbar sind. Die Glückszeiten. So wie gestern, als wir etwa zwei oder drei Stunden collagiert haben. Das Ergebnis am Schluss ist weniger wichtig als das Aus-der-Zeit-Fallen. Ich erlebe das auch beim Spazieren, Wandern, Radeln oft … In der Natur. Und beim Lesen oder Hörbuchhören …

Geht es also womöglich beim Sich-Finden nicht letzlich irgendwie darum, sich zu verlieren, sich in der Zeit zu verlieren?

Neue Wörter braucht das Land

Die besten Dinge passieren nebenbei, absichtslos, unauffällig … Die besten Ideen kommen, wenn wir nicht denken, wenn wir nicht grübeln. Auf einmal sind sie da. Ganz logisch passen sie in den Zusammenhang. Serendipität, ihr wisst schon.

Möglich, dass auch die Linkschreibung, ursprünglich als Wortspiel “passiert”, so eine Sache ist … Die Rechtschreibung mit ihren vielen Regeln ist gut und recht. Doch zugegeben ziemlich stur, unkreativ und beschränkt. Was wir wirklich brauchen, ist Raum. Raum für Ideen, für Gedankenspiele, für Höhenflüge, für Tiefschürfungen … Jedes Ding auf dieser Erde definiert sich über sein Gegenüber, über einen Gegenpol. Auch machen Kontraste ja das Leben erst farbig.

Doch was soll denn der Gegenpol zur Rechtschreibung und ihren Regeln sein? Eine Sprache ohne Regeln? Ja. Das heißt, nein, denn auch die Linkschreibung braucht möglicherweise ein paar Leitplanken. Ohne jedoch durch deren Festlegung elitär werden zu wollen.Leitplanken, die es erst noch zu definieren, zu ergänzen und mit Leben und neuen Wörtern zu erfüllen gilt. Und auszuweiten. Denn Raum braucht Weite. Neue Wörter braucht das Land. Oder bestehende Wörter – in neuen Kontexten. Oder oder oder …

Ich freue mich auf eure Inputs, Verlinkungen, Inspirationen …

Erste Leitplanken der neuen deutschen Linkschreibung sind:

1.) politisch unkorrekte Sprachanwendung
2.) anarchistische Anti-Regeln
3.) intuitive Un- und Umregeln
4.) neue Wortkreationen
5.) sinnleere Wörter
6.) sub- und adversive Sprachneuschöpfungen
7.) rot-grün klingende Wortmelodien
8.) mehrwortige Begrifflichkeiten
9.) Vergegenteilungen/Verwandlungen/Erweiterungen einzelner Wortteile
10.) …

Beispiele (in Klammer die Nummer der Leitplanke):

Weiber (1) (nur von echten Weibern anwendbar)
ManöverInnen und -außen (2) (by sofasophia)
Hailait, pl. Hailaiz (für Highlight/s) (3) (by sofasophia)
Liebstöckelschuhe (4) (by irgendlink)
fremdstören (4) (by irgendlink)
Brummland (5) (by irgendlink)
Lachland (5) (by sofasophia)
Rechthabmensch (6) (by irgendlink)
Linkloslasstier (6) (by sofasophia)
Langzeitherrscher in der Schlucht des Vergessens (8) (by irgendlink)
anderverständlich (9) ( > selbstverständlich) (by irgendlink)
Sinrad (9) ( > Konrad) (by irgendlink)
Ichden (10) ( > Duden) (by irgendlink)
Sieden (10) ( > Duden) (by irgendlink)
zurechtschlimmen (10) (by sofasophia)

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Gerade noch rechtzeitig vor dem historischen Moment des Publizierens dieses Artikels kommt per irgendlinkscher Mail der Titel unseres neuen Buchprojekts rein:

SIEDEN – neue deutsche Linkschreibung (Assoziationen, äh, Dissoziationen zum Standardwerk, äh, Sitzdardwerk der deutschen Sprache).
2. Erweiterte Auflage mit iPhone Fipptehler Standards