Notizen am Rande #6

Andere Wortmenschen in meinem Umfeld schreiben zuweilen, dass es nichts zu erzählen gäbe, weil ja nichts passiere, was die Frage aufwirft, wie viel Stimulanz wir von außen brauchen, um etwas erzählen zu können.

Wie steht es mit der bildenden Kunst? Ist Erzählen, ist Kunstschaffen wirklich nur eine Reaktion auf Geschehnissem, auf die sich verändernde Welt in Resonanz, in Relation und in gleichsam planetarischer Konjunktion zur:m Kunstschaffenden?

Brauche ich zwingend – und wenn ja wie viele – Reize, um zu kreieren? Brauche ich gar Reize um zu überleben?

Dieses ’Nichts’ ist – so behaupte ich – in unserer dualen, materiellen, sich ständig wandelnden Welt eine Illusion. (Möglicherweise taugen statt ’nichts’ Begriffe wie ’reizfrei’ oder ’reizarm’.)

Diese für viele verlangsamte, ereignisarme Zeit, die wir gerade durchleben, lässt sich möglicherweise künstlerisch als Chance begreifen, wieder mehr auf die leisen Reize zu hören und zu blicken.

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Irgendlink bloggte gestern über Altlasten in Abstellkammern, unspaltbare Holzstapel und das Altwerden am Holzofen.

»Unsere Räume und Umgebungen, Sphären unseres materiellen Seins sind zugerümpelt mit Ideen und Könntemanmals. Vor ein paar Tagen dachte ich, Aufgeben, nur Aufgeben, oder um es positiver auszudrücken, Loslassen, kann dich noch retten und sieh dich doch mal um hier, es sind ja nicht nur die eigenen Träume und Ideen, die auf dich eindreschen, da ist ja noch das Erbe deiner Vorfahren. […] Es gibt alleine sieben Schubkarren, teils uralte Dinger, vermutlich gar welche, mit denen die ersten Reichsautobahnen schon gebaut wurden … zuviel zuviel zuviel. Zuviel Dinge. Zuviel Träume. Zuviel Blockaden.

Nicht so gestern. Komischerweise waren sich Hirn und Körper einmal einig und so spaltete ich das gesamte Pappelholz – wirkliche Schufterei. Geht doch, dachte ich.« (Zitat)

Ich antworte:
»Geht doch, aber nur manchmal, nämlich dann wenn es zu einer Konjunktion von Geist und Körper kommt, die wie Planeten ihre ganz eigenen Umlaufbahnen haben, ihre ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten.«

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Ich beobachte bei mir, dass ich bei Menschen, die ich persönlich kenne, weniger Angst habe, mich von ihnen mit Covid anzustecken als bei mir unbekannten Menschen.

Eine trügerische Annahme, wenn man bedenkt, dass sich mutmaßlich die meisten Menschen im privaten Umfeld anstecken.

Natürlich spielt es eine große Rolle, wie sich jede und jeder Einzelne verhält, aber letztlich können wir uns überall anstecken.

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In meinem Kanton kann man sich seit zwei Wochen auch als Normalsterbliche:r für die Covid-Impfung registrieren. Hab ich gemacht. Online. Vermutlich wird nach Dringlichkeit geimpft und danach nach dem Prinzip Wer-zuerst-kommt-kriegt-zuerst. Das finde ich zwar ethisch fragwürdig, weil so Menschen, die keinen Internetzugang haben und/oder von dieser Möglichkeit nichts mitbekommen, benachteiligt sind. Andererseits sehe ich es auch aus einer anderen Perspektive. Viele wollen eh erstmal abwarten, heißt: wenn die Versuchskaninchen es gut überleben, lassen sie sich auch impfen.

Oke, dann bin ich halt ein Versuchskaninchen. Die braucht es ja auch, sonst könnten die andern ja noch lange warten. Ich betrachte nämlich diese pandemiebedingte Impfung nicht nur als Schutzmaßnahme für mich allein, sondern und vor allem als notwendiger Solidaritätsakt, damit wir bald eine Herdenimmunität erreichen und wieder ’normaler’ leben können. Ich sehe es als (m)ein Dienst für die Gemeinschaft sozusagen.