Hängemattentage

In der Hängematte zu liegen ist im Grunde wie schwimmen. Oder wie baden. So philosophierte ich gestern, als wir, irgendwo am Aareufer, zwischen Buchen rumhängten. Im Wortsinn.

Der Liebste hat mir nämlich vor knapp drei Wochen zum Geburtstag eine Hängematte geschenkt. Weil ich an seiner so sehr Gefallen gefunden hatte. Unsere zwei Leichtgewichte sind jetzt immer dabei, wenn wir raus in die Natur gehen. Hatten wir einander früher gefragt: Wo gehen wir heute wandern?, fragen wir uns heute: Wo legen wir uns heute in die Hängematten? Viel braucht es nicht: drei bis vier stabile Bäume im passenden Abstand reichen uns. Wenn daneben, wie gestern und vorgestern, noch ein Fluss vorbeifließt, in den man sich schnell zwecks Abkühlung tunken oder in dem man gar schwimmen kann, umso besser. Aber auch einfach nur so in der Matte hängen, hat was; hat was vom Schwimmerlebnis, das ich so mag: Auf dem Rücken liegend in den Himmel gucken. Oder in das Laubdach über mir. Den Gedanken zuschauen. Die Seele baumeln lassen ist eine Phrase, die nirgendwo besser als in die Hängematte hineinpasst. Alles baumelt.

Am Freitag habe ich während unserer Zeit im Wald versucht, Pfannenbrote für uns zu backen. Auf dem Feuer. Es hat nicht gleich auf Anhieb funktioniert, zumal wir das Öl zum Einfetten des Emailleblechs vergessen haben. Und einen Pfannenwender, um die Brötchen zu backen. Immerhin hatte ich eine Zange dabei, um das Blech aufs Feuer zu legen. Und mein Sackmesser, um aus einem flachen Holzstück so etwas wie eine Löffel zu schnitzen.

Fazit: Kleine Pfannenbrötchen funktionieren besser als große. Oft drehen hilft. Und so wurde das letzte Brötchen dann wirklich sehr köstlich, während seine Vorgängerchen eher eine Art Knusperchips geworden sind. Spaß hat es alleweil gemacht. Vor allem das Rumhängen.

Am Samstag dann ein Ausflug in die Hügel in der Nähe des Rheins. Ein Amphibienweiher. Seerosen. Nachdenken über exponentielles Wachstun. Und auf dem Heimweg ein Abstecher an den Rhein, wo eine schöne Badestelle ins kühle Nass lockt. Und wo es Bäume hat, um. Ich glaube, die Hängematte ist mein neuer Wohlfühlort geworden, einem Schneckenhaus gleich.

Gestern haben wir uns auf die Räder gesetzt. Der Aare entlang Richtung Norden fahren wir. Zuerst auf vertrauten, dann auf neuen Wegen. Und schließlich finden wir einen Platz, der nur so auf uns gewartet zu haben scheint. Eine Waldhütte. Tische. Bäume. Und eine Aare, die mich zum Kurz-Reintunken verführt. Wo es doch so heiß ist.

Auf dem Heimweg schließlich zu unserm Lieblingsbadeplatz an der Limmat. Diesmal kann selbst der Liebste nicht widerstehen. Sagte ich schon, dass es heiß ist? Die Flüsse haben Hochwasser, jedenfalls beinahe. Und vielleicht überfluten bald ihre Ufer. Gletscherwasser aus den Bergen. Regenwasser. Aber jetzt und hier und heute genießen wir das kühle Nass.

Als wir daheim sind, fängt das Gewitter an. Platzregen fällt. Die Luft kühlt ab. Und wie es riecht!

Und jetzt? Jetzt gehen wir raus. In den Wald. Und ja, wir nehmen sie mit. Natürlich.

Neue Fallmaschen 173 | 2021

gepikst zum zweiten | Gestern habe ich meinen zweiten Impfpiks bekommen. Diesmal habe ich schon daheim ein Antihistaminikum zur Prophylaxe eingenommen. Eine anaphylaktische Reaktion auf den Impfstoff hatte ich so auch diesmal nicht, dafür aber eine der schon fast klassischen Reaktionen: Eine Art Grippe mit Fieber und Gliederschmerzen, mit Glühkopf und Schüttelfrost im Wechsel mit Hitzewellen. Eine sehr ungemütliche Nacht mit wenig Schlaf. Zuerst war alles im grünen Bereich gewesen, der Arm tat ein wenig weh und ich war müde, doch dann kam das Fieber und mit ihm stellten sich die erwähnten Symptome ein.

So ähnlich wäre eine Coviderkrankung. Vermutlich allerdings viel länger und heftiger, wenn ich es denn hätte.

Bin ich froh, durfte ich mich impfen lassen! Und ich bin froh, dass dieses Kranksein hier auch bald wieder vorbei sein wird.

Dem Liebsten sei’ Brötchen und die Sache mit dem Horten von Dingen

Ja, klar kann ich Genitiv, Dialekt klingt aber im Dativ einfach besser.

Weil wir dieser Tage an einem zukünftigen Hof-Loppis  aka Hof-Brocante schuften, hat der Liebsten vergessen, sich am Montag Brot zu backen. Das kann er nämlich inzwischen richtig gut. Kurz nach dem Beginn der Pandemie, mit wachsendem Ekel vor virenbehafteten Bäckereifachverkäufer:innenhänden, begann sein Brotbackabenteuer. Mal mit wenig Hefe, mal mit Sauerteig, experimentierend mit verschiedenen Getreiden, mal hell und dunkel. Meistens lecker.

Im gleichen Aufwisch vergrößerte er auch die Gartenfläche, versorgte sich weitestgehend mit Selbstgeerntetem und bekochte sich, statt regelmäßig bei Muttern zu futtern, hinfort selbst. #Stayathome-sei-Dank. So gibt es seither viel weniger Fleisch und viel mehr Gemüse. Das aber nur am Rand, denn hier soll es ja um Brot gehen. Und, nun ja, auch um Besitz.

Da ich – im Gegensatz zu ihm – aus gesundheitlichen Gründen keine Hefe- und Sauerteigbrote mehr essen kann und schon eine Weile meine glutenfreien Brote mit Weinsteinbackpulver backe (guckt hier), backen wir zweierlei Brote. Gestern Morgen nach dem Aufstehen schlug ich ihm, dem Brotlosen, vor, für ihn nicht-glutenfreie, nicht-histaminfreie Brötchen mit Backpulver statt Hefe zu backen. Weil ich das schon immer mal ausprobieren wollte. Durfte ich. Weil er Lust auf etwas mit Roggen hatte – und davon auch genug Mehl im Haus –, recherchierte ich ein wenig im Netz, kombinierte das Gelesene mit meinen bereits gesammelten Erfahrungen und bastelte eine Backmischung für ihn. Und, was soll ich sagen, das Ergebnis schmeckte ihm auf Anhieb sehr lecker.

Roggendinkelbrötchen auf Teller
Roggendinkelbrötchen

»Was hat es denn da drin?«, fragte er beim Frühstück. »Nein, sag nichts, ich kann es bestimmt später in deinem Foodblog nachlesen!«

»Ähm, nein, kannst du nicht, weil … nun ja, das ist ja eben nicht ganz histaminfrei, was du da isst!«

»Ach ja. Hm. Ich verstehe. Da fehlt dann aber auf deinem Foodblog eine Rubrik mit Rezepten für die nicht histaminintoleranten Angehörigen!«, sagt er und grinst.

»Oder aber,« sage ich, »ich widme ’dem Liebsten seinen neuen Brötchen’ einen kleinen Blogartikel im Soso-Blog, damit du sie jederzeit nachbacken kannst!«

Und das, obwohl ich ja neulich angekündigt habe, dass es hier keine Rezepte-Artikel mehr geben werde. Egal. Ich darf. (Rezept siehe unten).

+++

Die Idee mit einem Hof-Loppis samt Hof-Café taucht regelmäßig in unseren Köpfen auf. To do or not to do? Warum eigentlich nicht? Und jetzt, da unser Freund S. ins Pflegeheim umgezogen ist, Irgendlink die letzten Wochen mit dessen Wohnungsauflösung verbracht und viele Dinge während unzähliger Umzugsfahrten in ebensovielen Kisten auf den Hof geholt hat, wird die Idee konkreter denn je. Menschenskinder, sind das viele Bücher! Und Geschirr. Töpfe. Gläser. Deko. Küchendinge. Eine alte Registrierkasse.

Kleiner Exkurs in die Welt der Bücher: Was so ein Buch wohl alles schon gesehen hat? Das wäre eigentlich auch mal ein literarisches Schreibprojekt. Jemand fängt die Geschichte damit zu erzählen an, wie ein Buch vom Laden zur ersten Leserin kommt. Die gibt es weiter. Der nächste Leser legt es in eine Bücherkiste. Später Flohmarkt, noch später Bookcrossing.

Fließen lassen statt besitzen. Denn ja, die Frage stellt sich, warum wir alle – nun ja: fast alle – so viele Sachen anhäufen. Nein, eigentlich ist es keine Frage. Die Antwort liegt wohl im Menschsein. An der Natur der menschlichen und tierischen Natur. Jagen und Sammeln. Sicherheitsdenken. Habenwollen. Die Freude und die Last des Besitzens.

Am Montagabend, als wir das letzte Mal in der Wohnung sind, um die großen Dinge zu holen, die Irgendlink allein nicht hatte transportieren können, füllen wir nebenbei erneut ein paar Kisten mit Büchern. Diesmal auch mit Dingen, die wir persönlich haben wollten. Ich sage nur Astrid Lindgren und Christa Wolf. Und Lavendelbadezusatz. Und Wäschekorb. Und, und … so weiter und so fort. Diese ambivalente Gier gepaart mit dieser Scham vor dem eigenen Hamstertrieb. Die Sache mit dem Haben also, dem Besitzen. Mit der Anhaftung. Mit dem Loslassen.

Nachdem wir den Wäschetrockner und das Bücherregal im Auto verstaut haben, gehen wir ein letztes Mal durch die halbleeren Räume, die demnächst ein Entrümpelungsunternehmen noch vollständig leeren wird.

Wir sehen viele Jahre gelebtes Leben, verdichtet in Materie. Unzählige Besuche unsererseits fallen uns ein. Endgültigkeit, Vergänglichkeit und Unwiederbringlichkeit rauben uns beinahe den Atem. Immerhin ist niemand gestorben. Weh tut es trotzdem. Leben ist ganz schön krass. Wir werden geboren und wir sterben. Dazwischen liegen ein paar Jährchen Lebenszeit mit viel Fühlen und Denken, Lernen und Leiden, Essen und Trinken. Und Brotbacken. Des Liebsten Roggen-Dinkel-Brötchen zum Beispiel.

+++

Rezept für drei | sechs Brötchen

• 125 g | 250 g Dinkelmehl
• 60 g | 120 g Roggenmehl
• 65 g | 130 g Roggenvollkornmehl
• 2 EL | 4 EL Chiasamen
• 0,5 EL | 1 EL Flohsamenschalenmehl
• 2,5 EL | 5 EL Kürbiskerne
• 0,5 EL | 1 EL Haferflocken
• 0,5 TL | 1 TL Salz
• 7 g | 14 g Weinsteinbackpulver
alles gut mischen

• 2,5 dl | 5 dl lauwarmes Wasser
zugeben und zuerst mit dem Löffel, später von Hand gut mischen und kneten (ein paar Minuten). Der Teig ist noch feucht.

1. Teig eine Viertelstunde stehen lassen. Danach auf dem Tisch auf wenig Mehl drei | sechs Brötchen formen und auf gefettetes Blech/Backpapier oder in Cakeform legen.
2. Im auf 230° vorgeheizten Ofen bei Ober- und Unterhitze eine Viertelstunde backen. Danach den Ofen auf 200° herunterschalten und weitere ca. 30 (25-35) Minuten ausbacken (Backzeit hängt von Ofen ab.)

Roggendinkelbrötchen, aufgeschnitten auf Teller
Roggendinkelbrötchen

Tipps

1. Der Teig kann natürlich auch als (Kasten-)Brot ausgebacken werden, dann erhöht sich die Backzeit entsprechend.
2. Im Backofen eine Schale mit heißem Wasser ’mitbacken’ macht Brote und Brötchen knuspriger

Lecker seien sie, sagt der Liebste, außen knusprig, innen fluffig.

Neue Fallmaschen 153 | 2021

ausbaldowert | Seit wenigen Tages gibt es nebenan ein neues Blog, genauer gesagt ein Foodblog. Es wächst täglich und steckt schon jetzt voller histaminfreier Rezepte. So kann das Blog hier wieder mehr ein Es-lebe-der-Alltag-Blog sein. Die histaminfreien Rezepte haben nun eine eigene Heimat. Das Neue ist sowohl als persönliches Archiv als auch zur Inspiration für andere gedacht.
Guckt hier: histaminfrei.blogda.ch

+++

ausgelesen | Kennt hier jemand die Krimis um die junge Journalistin Emma Vonderwehr von Mechthild Lanfermann? Kannte ich nicht. Bücherschrankseidank habe ich den vierten und letzten Band entdeckt. Und verschlungen. Und danach den ersten Teil in der Bibliothek ausgeliehen. Und Band zwei und drei vorgemerkt. Mir gefallen die Figuren ebenso wie Schreibstil, Tempo und Themenwahl. Keine leichte Kost. Herzliche Leseempfehlung!

+++

gepikst | Vorletzten Montag habe ich meinen ersten Impfpiks bekommen. Dank vorheriger Einnahme eines Antihistaminikums hatte ich keine Nebenwirkungen bis auf wenig Kopf- und Bauchweh am Abend – Ibuseidank war es schnell wieder weg.
Der Schmerz am Tag darauf an der Impfstelle war erträglich und erinnerte mich daran, dass mein Körper gerade Antikörper kreiert. Ein gutes Gefühl und große Erleichterung. Neun Tage später fühle ich mich dem Virus gegenüber jedenfalls weit weniger ausgeliefert als davor.
Ich bin zwar keine Influencerin, doch mache ich euch hiermit gern und herzlich Mut, euch ebenfalls impfen zu lassen. Als solidarischer Akt und Beitrag zur Herdenimmunität und natürlich zum Schutz für euch selbst.