Ein Manifest für die Beißhemmung – reblogged von @Tinacor

von TC

Jemand postet unter den Artikel einer renommierten deutschen Zeitung einen Kommentar.
Die nachfolgende Person beschuldigt den ersten Kommentierenden zu verallgemeinern und an der Sache vorbei zu denken.
Die dritte Person kommentiert auf die zweite, dass diese ebenfalls an der Sache vorbei dächte, was man ja genau anhand des unsachlichen Kommentars erkennen könne.
Die 4. Person geht überhaupt nicht auf den Kommentar ein, sondern postet eine eigene Meinung zum Artikel.
Ein Troll taucht auf und schreibt: ” Ihr seid alle Scheiße und voll Abfall!”
Ein neuer Kommentator geht unsinnigerweise auf den Troll ein und schreibt: ” Und Sie sind nochmal genau was?”
Der erste Kommentator beschimpft daraufhin den Zweiten, er hätte den Artikel offensichtlich gar nicht erst gelesen. Woraufhin der Zweite Kommentator zurück schimpft: “Ach Sie aber schon? Klammer auf, IRONIE, Klammer zu.” Eine neue Kommentatorin schreibt alles sei mal wieder typisch nur aus der Sicht der Männer dargestellt und eine Frau würde das alles ganz anderes beleuchten.
Woraufhin 15 weitere Kommentatoren die vermeintliche Feministin in Grund und Boden schreiben und jede Menge Sekundärlinks zur Beweisführung an ihre Kommentare hängen, dass der Artikel NICHT ausschließlich die männliche Sicht der Dinge beleuchtete.
Der Troll taucht wieder auf, postet würgende Emoticons, schreibt: “Danke Merkel!” und “…irgendwas von versifftem, linken, Gutmenschentum, und das sie schon noch sehen würde, was der neue Führer nach der Wahl 2017 alles mit ihnen anstellte.”
Natürlich alles in einer himmelschreiend falschen Orthographie und frei jeglicher grammatikalischer Grundregeln. Jemand antwortet man möge den Troll aus der geführten Diskussion bitte bannen, oder doch, so unumgänglich zumindest ignorieren.

Ein neuer Kommentator startet den letzten Versuch und bittet: “Jetzt beruhigt euch doch alle mal wieder, wir können das doch ganz sachlich diskutieren, um danach 230 Zeichen lang von einem komplett anderen Thema zu berichten, das ihm offensichtlich am Herzen liegt, jedoch nicht das geringste mit dem Artikel zu tun hat. Spätestens jetzt bricht die Hölle los. Alle Erstkommentierenden fallen über den akademischen Selbstdarsteller her und bescheinigen ihm jegliches Lebens- und Äußerungsrecht auf diesem Planeten verwirkt zu haben.

Die Kommentarschleifen ist mittlerweile auf 189 Beiträge angewachsen, viele davon länger, als der diskutierte Ursprungsartikel der Zeitung.
Die Bandbreite der Emotionen und dargelegten Ansichten reichen dabei von weinerlich eindringlich bis herabsetzend despektierlich und vereinen alle mehr oder weniger radikale Positionen, die die Gesellschaft zu bieten hat.

Dabei ist es völlig unabhängig, um welches Thema es sich inhaltlich handelt. Ob Politik, Wirtschaft, Single aus Überzeugung ja oder nein, Alleinerziehung, Kinderbetreuung, Katzenliebhaber oder Hundeliebhaber, etc., etc., etc., …..jeder noch so unwichtige und banal informative Beitrag muss zwingend und allumfassend mit der eigenen Meinung oder Einstellung kommentiert und in Abklang gebracht werden. Warum? Warum tun Menschen sowas?
Das Prinzip der Äußerungsmöglichkeit treibt im Internet seit Jahren die buntesten Blüten.
Offensichtlich ist die reine Möglichkeit sich äußern zu können so etwas wie die “Unum” und leider nicht die “Ultima Ratio” sich auch äußern zu müssen.
Obwohl doch bereits im Vorfeld feststeht, dass weder die Äußerung, noch die darauf zwangsweise folgenden Repliken anderer Personen, in irgendeiner Form Einfluss auf das bereits Veröffentlichte haben.
Warum also? Und woher dieser Zwang der Menschen sich immer und immer wieder zu den noch so abseitigsten Themen zu comitten?
In früheren Zeiten schrieben die Menschen Leserbriefe. Sie dachten über etwas nach, reflektierten und machten sich, wenn es Ihnen wirklich sehr sehr wichtig war die Mühe eine Brief zu schreiben und diesen zum Briefkasten zu tragen. Sie mussten, um ihrer Meinung Gehör zu verschaffen sogar einen geringen Geldbetrag in Form einer Briefmarke investieren.
Dann hatten sie zwar immer noch keine Gewissheit, dass ihre Ausführung auch veröffentlicht und abgedruckt würde, aber sie hatten sich Luft gemacht, dem inneren Drang der freien Meinungsäußerung nachgegeben und eine Form von Katharsis erlangt. Dem Redakteur blieb immer vorbehalten den Inhalt richtig und in vollem Umfang abzudrucken.
Ein herrliches Prinzip, das im Netz leider viel zu selten Anwendung findet.

Natürlich ist freie Meinungsäußerung ein wichtiges Gut. Wenn nicht gar das Wichtigste überhaupt. Leider setzt es voraus, dass die Menschen einer Diskussionskultur mächtig sind, und offen für Gegenargumente oder Feinheiten, was sie jedoch leider in den meisten Fällen nicht sind. Der Dialog ist unwichtig geworden, wichtig ist nur noch die Selbstinszenierung und das zwanghaft laute kundtun der eigenen Befindlichkeit.

Die Unterscheidungsfähigkeit von relevanten und nicht relevanten Themen ist dabei jedoch völlig abhanden gekommen. So wird sich geäußert, wo das nicht äußern angebracht wäre und geschwiegen, wo sich eingebracht werden müsste.

Nicht alles was gedacht werden kann muss auch gesagt und geschrieben werden. Etwas nicht zu sagen und nicht zu kommentieren ist oft sogar wesentlich schwieriger, weil es Kraft und Triebhemmung also einen Regulativ erfordert. Ein Regulativ, das in vielen Fällen zu einem wesentlich freundlicheren und netteren Miteinander führen kann.
Das schnelle “ich weiß aber auch was dazu” also öfter einfach mal zur Seite schieben und stattdessen ein paar Mal tief ein- und ausatmen, die Welt würde sicherlich ein harmonischerer Ort.

Quelle: Ello > @tinacor am 21. 11. 2016


Noch bevor ich obigen Artikel gelesen habe, kritzelte ich auf meinen Notizzettel: Über die Kommentiersucht bloggen! Und ja, das werde ich demnächst tun. Mit etwas anderen Schwerpunkten als Tina, aber ich bin froh, dass sie einiges bereits angeschnitten hat …

Was wahr ist und was wirklich – reblogged

Ich freue mich immer, wenn meine eigenen Gedanken irgendwo an anderer Stelle ähnlich gedacht werden. Das Thema meines letzten Blogartikels zum Beispiel.

Heute lese ich im Logbuch von Rittiner & Gomez auf Isla Volante folgendes.

ja. wie ist das möglich, dass du im meiner wohnung auftauchst, dass du … sprechen …

ich sagte es doch bereits, ich war da – und schon hier, als du kamst!

das ist nicht wahr!

hm?

warum soll ich dir glauben, dass …

entschuldige bitte, lass uns das in der wohnstube bereden, dieser flur atmet durchgang, ist en passant, kommen und gehen, da zieht es mich hinaus. und außerdem zieht es.

Weiterlesen

Was ich noch sagen wollte und schon mal gesagt habe – reblogged

Ich mag das, Mösiö Glumm! Und drum reblogge ich es hier. Danke.

+++++

“Ich mag es, wenn sie mir spätabends einen Kuss gibt und viel Spaß beim Träumen wünscht, ‘oder was auch immer du da treibst, wenn du gleich die Augen geschlossen hast.’ 

Ich mag Popsongs, die sich voranschleppen wie ein Tag, an dem man es schwer hat, und am Abend ist die Sache ausgestanden. 

Ich mag es, […]”

Weiterlesen: https://glumm.wordpress.com/2016/05/13/was-ich-noch-sagen-wollte-und-schon-mal-gesagt-habe/

Reblogged: Es wirkt. Langsam. von Irgendlink

Ich bin ruhiger geworden.

Ich hege die Hoffnung, dass die Zeit ihre Macht verliert.

Und das Geld.

Dass unter der Kruste jahrzehntelang eingefahrener Gewohnheiten eine neue Freiheit wächst.

Dass durch einfaches Verunwichtigen Wichtiges auf das Maß gestutzt wird, das ihm gebührt.

Dass das Leben wieder das Spiel wird, das es von Natur aus ist.

[weiterlesen auf Irgendlinks Blog]

Spiegel im Spiegel im Spiegel

Das Narrenkastl mag ich. Jürgen Küster hat in seinem Blog aufgenommen, was Cambra und Luisa zuvor (von mir geteilt) angezettelt haben. Und ich mach dort mal weiter. Was mein Narrenkastl ist? Meins ist unter anderem eine Art Spiegel. Vielleicht ist es mein Blog? [Mein Twitteraccount eher nicht. Oder doch?] Und mein Laptop ebenfalls und das Tagebuch darauf. Mein Herz vermutlich auch, oder jedenfalls jener Teil davon, der mir bis hierher weismachen will, dass ich was zu sagen hätte. Habe ich ja auch. Aber – wenn ich ehrlich bin – nur mir. Vielleicht dir und dir noch, manchmal, aber das mehr nicht. Und nein, ich will nicht Komplimente fischen, ich sage einfach, was ich wahrnehme.

Oder wie sagt es Andreas Glumm so treffend? „Wir alle verstauben im Hintergrund bedeutungsloser Schnappschüsse von Menschen, die uns unbekannt sind, wir alle stecken fest in Foto-Büchern fremder Leute, die meiste Zeit nichts als zugeklappt und übersehen.“ So ähnlich ist es mit Sätzen, mit Büchern, mit Gedanken, mit allem, was wir aus uns raus lassen. Einzig uns selbst tut der Furz eben gut. Und auch von der Sache mit den kompakten Ausscheidungen haben nur wir selbst was.

Zu verdauen, was ist – ja, das ist ein legaler Grund zu schreiben, aber ob er mir als Grund fürs Bloggen reicht, weiterhin reicht?
Vor etwa drei oder vier Wochen, es war als ich krank im Bett lag, wurde die Frage, was ich da eigentlich mache, auf einmal unüberhörbar. Auf einmal war die Begeisterung, die Überzeugung bloggen zu müssen, weg. Wie eine Kerze, die ausgeht, wenn sie heruntergebrannt ist. Das heiße Wachs ist länger heiß als die Kerze brennt. Und erkaltet bald darauf.

Selbstdarstellung. Ich kotze gleich.
Ich rede so viel. Ich kommentiere so viel. Ich bringe mich ein.
Wozu? Wofür? Wohin? Was will ich überhaupt?

[Wer von euch den Tatort-im-Tatort mit Ulrich Tukur (Wer bin ich?) gesehen hat, dem und der sage ich: Eitelkeit ist unter Künstlerinnen und Künstlern nicht weniger verbreitet wie unter Normalsterblichen. Auch wenn das Ganze (hoffentlich) ein klein bisschen überzeichnet war. Wobei?]

Manchmal reicht mir die Sinnlosigkeit nicht als Sinn und die Grundlosigkeit nicht als Grund.
Die Närrin schläft. Die Übermut hat sich eingeigelt und mein Narrenkastl ist verhängt. Ein Nullraum vielleicht. (Danke, Jürgen, für das Wort.) Winterschlaf? Brüten?

Je ne le sais pas.

Der Spiegel ist angelaufen. Nicht dreckig, nein, das nicht. Aber müde. Müde, immer wieder der Welt da draußen zu zeigen, was wir eh alle wissen, denken, sprechen, erkennen, beim Namen nennen. Meins ist weder besser noch schlechter als deins. Und auch nicht wirklich anders.
Nein, da wo es drauf ankommt, werde ich auch zukünftig nicht schweigen, keine Angst. Kann ich gar nicht. Ich will meine Energie, meine Kraft nur einfach irgendwie anders einsetzen. Ein Anders, das ich noch nicht kenne. Doch so vieles, das ich tue, läuft letztendlich auf diese Spur der Selbstdarstellung heraus, die ich so satt habe.

Nun ja, vielleicht fehlen mir im Moment Objektivität und Differenziertheit, denn ich kann mir durchaus vorstellen, dass mein Buchprojekt, das vom Umgang und dem Weiterleben nach Gewalt und Traumata erzählt (aus meiner und aus der Sicht von zwei weiteren Direktbetroffenen), zu einem neuen hilfreichen Blickwinkel für den einen oder die andere beitragen könnte. Vielleicht.

Nicht, dass ich nicht an die Qualität meiner Texte glauben würde. Das nicht. Aber muss ich sie deswegen kaum gedacht gleich publizieren? Noch mehr und noch dringender will ich zurzeit meine Schreibe von allem künstlichen Firlefanz befreien. Da hat mich wohl Knausgård angesteckt. Ich mag zurzeit keine Texte lesen, die nicht wahr und echt sind. Die künstlich sind. Die konstruiert statt gewachsen sind. Ich mag auch keine Texte schreiben, die etwas anderes sind als aus mir herausgewachsen.

Der Gedanke, dass die Welt mich und meine künstlerischen Beiträge braucht, wie ich es andern (und mir selbst) immer wieder ermutigend zugesprochen habe, greift bei mir selbst nicht, nicht mehr. Vieles, was ich früher dachte, greift nicht mehr. Mag am Älterwerden liegen.
An der Sehnsucht nach Ganzheit, nach Wahrhaftigkeit. Keine Ahnung, ob das jemand versteht.

[Das ganze Thema Kreativität und Flow lasse ich hier bewusst außen vor.]

[Und ja, wir sind noch in den Ferien in Südfrankreich … endlich Raum, Nullraum, Ruhe für meine Gedanken …]

[Ist das jetzt ein Blog-Abgesang?, fragt der Liebste.
Ich weiß es nicht, sage ich.]

Sehen und gesehen werden − aber richtig

Über Bildung nachdenken heißt
über die Menschen und die Welt von Morgen nachdenken

Frau Mützenfalterin über die Poetischen Quellen:

“Und so beginnt auch Ordine mit einer Kritik des nützlichkeitsorientierten Denkens an den Universitäten. Er bedauert, dass seine Studenten, wenn er sie zu Beginn ihres Studiums fragt, was sie denn eigentlich erwarten, was sie erreichen wollen mit ihrem Studium, mehrheitlich antworten: Na einen Abschluss machen, um eine gut bezahlte Arbeit zu finden.

Statt eines Abschlusses als Ziel des Studiums, wünscht sich Ordine, die jungen Menschen sollten lernen, „ein besserer Mensch zu werden“. Sich im wahrsten Sinne des Wortes zu bilden. Denken zu lernen, insbesondere kritisches Denken zu lernen.

Sein Büchlein verkaufte sich bereits im Jahr des Erscheinens 65.000 mal allein in Italien. Inzwischen ist es nicht nur in Italien, sondern auch in Frankreich und Spanien ein Bestseller. Resonanz bei den für die Bildung verantwortlichen Politikern habe es hingegen nicht gegeben, bedauert Ordine, die italienischen Politiker schrieben lieber selbst Bücher, als die von anderen Leuten zu lesen.

Im weiteren Verlauf erklärt Ordine, dass die Sprache der Wirtschaft im Bildungswesen fehl am Platz ist. Warum das so ist, erklärte Abraham Flexner schon 1939. Sehr verkürzt wiedergegeben, indem er die Bedingungen und vor allem die Bedeutung für Grundlagenforschung beschreibt, ohne die keine bahnbrechende Erfindung möglich wäre.

Neugier ist die Basis von Kreativität, der Möglichkeit Neues zu entdecken, Fragen zu stellen, Dinge vielleicht zufällig zu finden.

Ordine zitiert Ionesco: Nutzlosigkeit ist für uns unerlässlich. Der moderne Mensch erscheint nicht nur Ordine als Gefangener des Notwendigen. Umso wichtiger sei Kunst, predigt Ordine. Kunst befreit, fördert eigenes, kritisches Denken, indem sie das reibungslose Funktionieren verhindert, behindert.

Nützlichkeit darf nicht ausschließlich wirtschaftlich und monetär definiert werden. Nützlich ist vielmehr alles, was dem Geist Nahrung gibt; Musik, Kunst, Literatur, Philosophie.” (Zitat Ende)

Weiterlesen: muetzenfalterin.wordpress.com

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Bildung meint den ganzen Menschen

Frau Rebis schaut zurück auf 20 Tage Radreise und gibt Einblick in ihr Leben als Lehrerin:

“Und dann stehe ich am Ziel und werde mir all dessen plötzlich bewusst. Dass ich diesen für mich schier nicht zu bewältigenden Weg tatsächlich geschafft habe. Ich fühle mich wie ein Schulkind, das statt der 4minus die 4plus geschafft hat, erstmals, und keiner merkt’s. Denn da sind immer die mit den unangestrengten 1en, um es mit einem Schulbild zu vergleichen.

Und noch etwas wird mir bewusst: Dass ich mich anstrengen kann, dass ich einen Willen auf ein Ziel zu haben kann, ohne dass es verbissen und quälend wird. Dass ich an meine Grenzen gehen kann, ohne mich selbst zu zerstören. Dass es lohnt, seine Kräfte in selbst gesuchte, selbst gesteckte Ziele hineinzugeben, weil diese die einzig wichtigen sind.

Das alles möchte ich meinen Schülern unbedingt mit auf ihre Wege geben. Nur fühle ich mich dazu manchmal kaum ermächtigt, habe ich doch von Anstrengung und Mühe genau genommen keine Ahnung. In der Schule und ähnlich kopflastigen Bereichen, bei den Dingen, die in unserer Gesellschaft permanent mit Notenbewertung versehen werden, bin ich mein Leben lang ohne Mühe in der 1,0-Region herumgehopst. Dort hatte ich keine Gelegenheit, mich in Anstrengung, Ausdauer und Durchhaltevermögen auszuprobieren. Viele meiner “Leistungen” bekam ich ohne Investition geschenkt. Ich habe mir die 1,0 nicht verdienen, nicht erarbeiten müssen. Sie war immer einfach so da. Darum fühle ich mich – unter anderem – auf spezielle Art lebensfremd. Beneidet von außen. Nicht wirklich beneidenswert aus der Innensicht. […]

Hier, wo durch eine Leistungs- und Bewertungswelt täglich Kinder vor sich hinleiden, wo die Außenbewertung durch Noten nur mittels eines urinneren Wertesystems aufgehoben werden kann, wo junge Menschen bei genau diesem Wachsen und Reifen eine helfende Stimme brauchen – hier gehöre ich hin.

Lange musste ich suchen, um dies herauszufinden.

Hier ist so viel Bedürfnis nach Gesehenwerden. Je länger ich in der Schule arbeite, desto mehr spüre ich, dass dies vielleicht unsere wichtigste Aufgabe ist – den Kindern in die Augen sehen und sagen: Du bist gut, so wie du bist.
Im Laufe der Jahre hat sich dabei mein Fokus geweitet. Anfangs stach mir vor allem das Weh der Kinder hervor, die von unserer Schulform überfordert sind. Mehr und mehr nehme ich Kinder wahr, deren Abweichung von der als “normal” definierten Mitte in anderer Form auftritt. Viele dieser Kinder leiden mehr oder weniger still. Alle diese brauchen verstehende Blicke, eine haltende Hand, ein Geländer, um ihren Weg weitergehen zu können. Sie alle brauchen ein Ich sehe dich. Dafür, glaube ich, bin ich in diesem Beruf gelandet. Im für mich richtigsten und schönsten Beruf der Welt. Wie gut das.

Abgeschweift bin ich. Alles hat ja immer mit allem zu tun. Darum geriet der Bogen so weit. Zurückkehrend also zu meiner “Sportleistung”. Plötzlich, in Hof auf der Straße, meldet sich das kleine Kind in mir. Mit seiner Sehnsucht, dass da jemand sagt: Das hast du gut gemacht. Ich sehe dich.

Und dieses gut, so sehnt es sich in mir, möge bitte nicht bewertend, nicht leistungsbezogen gemeint sein, nicht auf meine Höhenmeter bezogen, nicht auf meinen Mut diese anzugehen, noch nicht mal auf die Tatsache, dass ich diese “Leistung” ohne Hadern, ohne Groll, ohne mentale Erschöpfung in Demut “vollbracht” habe. Sondern für mein blankes, pures, nacktes Ich-Sein. Dafür, dass ich bin.
Du bist gut, so wie du bist.

Dieser Jemand muss ich mir wohl selbst sein. Das werde ich auch noch lernen, mehr und mehr.

All sowas fließt mir durch den Kopf, während ich durch Hof laufe, um etwas zu essen zu suchen. Und auf den Wangen fließen Tränen …” (Zitat Ende)

Weiterlesen: gestreift-beruehrt-geteilt.blogspot.ch

Reisen. Und reisen lassen

Lakritze findet einmal mehr die genau richtigen Worte:

“Zum Nordkap wird er wieder fahren, mit dem Fahrrad (würde ich nie machen!), und ich freue mich auf seine Texte und Bilder. Kostet auch gar nicht viel, wenn man als einer von vielen Lesern dabei sein möchte. (Nein, man muß nicht spenden. Ich habe es aber gemacht, weil ich will, daß solche Projekte möglich sind auch ohne Großsponsoren. Und weil es mir wichtig ist, etwas zurückzugeben für Dinge, die mein Leben bereichern.)”