Nussbaumsetzling, Eichensprössling …

Über die Bäume will ich schreiben – über das Leben der Wurzeln und Äste. Die Erde, die alles hervorbringt, erwähnen. Von Baumstammkraft erzählen, die wachsen lässt – in die Breite ebenso wie in die Höhe. Wie dankbar ich jedem einzelnen Baum dafür bin, dass er da ist! Bäume, ohne euch könnte ich nicht leben.
Und eines Tages werden sie gefällt. Nicht alle. Viele aber. Von Menschen, für Menschen. Für uns sterben sie, ohne sie wären wir längst erstickt. Doch auch nach dem Fallen leben sie weiter. Als Zeitungspapier ein paar Tage. Als Buchseite ein paar Jährchen oder mehr. Als Möbel gar länger als ein Menschenleben. Und als Feuerholz hoffentlich solange bis sie trocken sind.
Wärme und Holz. Holz und Wärme.
Grob gesägt liegt ihr da, ihr Holzstücke, an die Wand gestapelt. Menschen- und Baumkraft vereint. Mit der Säge werdet ihr nun ein weiteres Mal halbiert, damit ihr in den Ofen passt. Alsdann werdet ihr mit der Axt gespaltet. Zerteilt. In den Schubkarren gelegt. In die Kiste umgeschichtet. In die Wohnung getragen. Dankbar in die Glut gelegt.
Und jetzt? Letztes Aufbäumen. Finale. Asche.
Ich trage sie in den Garten zurück, wo alles wieder von vorne anfängt.
Dort ein Nussbaumsetzling, hier eine junge Eiche …

Goldschnittchen

Über die Technik gäbe es dieser Tage viel zu erzählen. Und über Kontraste auch: Innen und außen (Temperaturen, Befindlichkeiten und so Sachen), drinnen und draußen (dito), früher und heute … Und noch früher erst recht.
Da waren wir also am Freitagabend mit Journalist F. auf der Piste. An der langen Nacht der Bibliotheken, welche die ansässigen Büchereien heuer das zweite Mal durchgeführt hatten. Weil wir die Einlasszeit zur ersten der drei Veranstaltungen verpasst hatten, genossen wir die Pause bei Flammkuchen und angeregten Gesprächen.
In der historischen Bibliothek gab es danach einen Crash-Kurs in Buchbinderei. Vom Buchblockbinden zum Goldschnitt. Damals und heute. Handgeschriebene Unikate mit Holz- und Ledereinbänden. Mit blattgoldenen Strukturen auf Ledereinband und Buchrücken. Die Weiterentwicklung zum gedruckten Buch, das bereits mit maßentauglichen Strukturrollern verziert wurde, war geradezu revolutionär. Ein erster Schritt zur Rationalisierung. Möglicherweise so revolutionär wie der Schritt vom Papierbuch zum eBook. Bücher wurden übrigens lange Zeit als umschlaglose Buchblocks gehandelt, auf dass die Käuferin damit zum Buchbinder ihres Herzens gehen und sich einen Einband nach Wunsch (und Inhalt des Geldbeutels) anfertigen lassen konnte. Was für ein wunderschönes (Kunst-)Handwerk! Schade, dass sich das heute kaum mehr jemand leistet.
Von der Goldschnittbibel in der Vitrine pilgerten wir danach in die Stadtbücherei. Großer Kontrast: Hörbücher, DVDs, Ratgeber, Romane quellen aus den Regalen. Mein Herz hüpft. Wie immer wenn ich inmitten von Büchern bin. Mit einem Drink in der Hand schreite ich die Regale ab. Es folgt ein rock-bluesiges Konzert dreier saarländischer Gitarristen, die ihr Hand- und Mundwerk verstehen. Wortkunst einmal anders. (((Michael Riehm und Co. auf YouTube)))
Noch mehr Technik schließlich gestern. Da das neulich ausgeführte Datenrettungsbackup meines winterschlafenden Laptops leider doch nicht ganz vollständig war, galt es dessen interne Festplatte auszubauen und in ein eigens dazu gebautes Case mit USB-Anschluss zu stecken. So konnte ich das Teil – wie eine externe Festplatte – bei meinem alten, wiederbelebten Laptop einstöpseln und so auch noch die letzten fehlenden Daten kopieren. Coole Technik! Was doch alles so geht!
Und jetzt, wo ich meine Bewerbungsunterlagen zur Verfügung habe, finde ich keine Ausreden mehr. Nun kann ich loslegen: Bewerbungen schreiben. Neue Stelle finden. Und morgen Vormittag zur Arbeitsagentur nach P. fahren.
Dass die mir eine Umschulung zur Buchbinderin bezahlen, ist eher unwahrscheinlich, doch träumen ist wohl immer erlaubt.
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beide Bilder: iDogma-Art
Alte Zeit trifft neue Zeit.

Lebenskunst

Leben ist wie Kunstunterricht. Sobald du ein paar Grundregeln kennst, kannst du loslegen. Blau und gelb wird grün, zum Beispiel. Eine einfache Gleichung, die in der Praxis unzählige Variationen ermöglicht. Ebenso wie gelb und rot oder blau und rot.
Die Mischregeln und ein paar andere Theorien zu Material und Bildkonzeption zu kennen, macht aber noch kein berührendes Bild. Erst dank Ideen, Fantasie, Schaffensfreude, Hingabe, Übung und Können sowie Freund Zufall gelingt ein (Lebens-)Werk.
Wie im richtigen Leben eigentlich.

Mathe und so

Leben ist wie Mathe. Manchmal muss ich grübeln, manchmal reicht das große Einmaleins, ganz selten das kleine. Zuweilen muss ich Klammern auflösen, dann wieder muss ich welche setzen. Wenn ich die Punkt-vor-Strich-Regel kenne, bin ich auf der richtigen Seite, wie es so schön heißt, und wenn ich daran denke, dass sich Minus und Minus aufheben, ist schon fast alles gut.
Und dann muss ich nur noch richtig addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren. Richtig? Wer hat eigentlich alle diese Regeln gemacht?

Geschiebe #2

Wie ich nachts grüble, wachliege und versuche mich zu entspannen, geht mir die Sache mit dem Passwort durch den Kopf. Jedes meiner drei Mailaccounts hat genau zwei PW, eins für die Anmeldung im Mailprogramm – der Schlüssel zum Briefkasten hinter der Haustüre sozusagen – und eins, falls ich meine Mails unterwegs auf einem andern PC abfragen will. Jenes zweite Passwort ist quasi der Schlüssel zur Haustüre selbst.
Warum ich gestern mit dem dritten Mailaccount solange rumgewurstelt habe, ist, weil ich mit dem Haustürschlüssel den Briefkasten öffnen wollte und viel zu lange den Irrtum nicht bemerkt habe.
Nein, eine Moral von der Geschicht erzähl ich hier nicht.
Grad trink ich meinen Frühstücksyogitee und lese auf dem Beutelanhängedingsbums: Nur deine Erfahrung gehört dir. Jep. Und die teil ich gerne.

Geschiebe #1

Meine Nerven! Siebzehn nach Mitternacht hab ich endlich das Postfach ausgefegt und alle überflüssigen Altlasten entfernt. Alle Mails sind feinsäuberlich in Ordner abgelegt. Ich habe Übersicht geschaffen. Puh. Das Kissen ruft. Doch noch lauter schreit mein Blog: Schreibe! Natürlich gehorche ich ihm. Mein Blog weiß schließlich, was sich gehört.
Gestern hat mein drei Jahre alter Laptop, der mich bis jetzt noch nie im Stich gelassen hat, genau dies getan: mich im Stich gelassen nämlich. Auf einmal, es war kurz vor Mittag, fraß das Teil keinen Strom mehr übers Kabel. Es ignorierte, dass es mit dem Stromnetz verbunden ist. Warum mir das irgendwie bekannt vorkommt, kann ich mir nicht wirklich erklären. Was ich auch versuchte – Aus- und Einstöpseln aller Kabel sowie Neustart –, nix half: Mein Laptop verweigerte die Nahrung. Zum Glück war sein Akku randvoll. Vollgefressen streckte mir also mein Zweitliebster die Zunge raus und auch mein Allerliebster wusste sich keinen Rat. Er meinte, dass es wohl eher nicht am Ladedingsbums liege, sondern im Teil drin etwas nicht mehr richtig ticke.
Okay, doch was tun? Logisch: Daten sichern, solange es noch vollgefressen ist, das Tierchen, und sich Infos rauskitzeln lässt. Backups wollte und sollte ich eh längst machen. All die Texte, Artikel, Bilder und Tagebucheinträge! Gerade als ich die letzten Bilder auf die extraterrestrische Platte geschoben, geschubst und gezerrt hatte, stirbt das Teil. Auf dass es bald wieder belebt werde …Ein Winterschlaf, wer weiß das schon?
Nun mühe ich mich auf meinem alten Teil ab, das diesen Frühling – dank D. – seine Wiedergeburt feiern durfte. Abmühen tu ich mich primär mit Aktualisierungen aller Art, allen voran mit meinen beiden Mailprogrammen, die meine drei Mailkonten verwalten und die in der Zwischenzeit neue Zugangswege bekommen haben. Siehe da: Viertel nach Mitternacht kommt die letzte Testmail rein. Sie sagt: Alles geht, alles fließt.
Sage nun bloß keiner und keine, dass die virtuelle Welt nicht ihrer ganz eigenen Magie gehorcht!

Von Schatten, Männern und Signalen

Wie wohltuend! Ein Wochenende ohne Ich-sollte-dochs. Ein Wochenende einfach nur zur Erholung. Wie es ganz normale Menschen tun.
Übermut kehrt zurück. Kreativität klopft an.
Auf dem Rückweg von einem unserer Kunstspaziergänge, die wir dieser Tage nicht lassen konnten, sprachen wir darüber, dass iPhoneographInnen eigentlich immer und überall schöpferisch tätig sind. Sein können. Wenn sie wollen. Und wir wollten. Zumal es das Wetter ja auch super mit uns meinte.
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Der Mann, der langsamer ist als sein Schatten

Das Verkehrssignal, das träumte, ein Mann mit einem Bein zu sein

Der Mann, der träumte, ein Verkehrssignal zu sein

Pseudoschloss nur,

… doch das hier schließt richtig!

4004 – nicht mehr und nicht weniger!
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alle Bilder: iDogma-Art
1-3: bearbeitet und montiert
4-6: Rohkost

jetzt und immer

Wenn ich wie jetzt so dasitze – am Wohnzimmertisch in der warmen Stube –, denke ich: So könnte es eigentlich immer sein.
Wenn ich wie gestern Abend mit sympathischen, inspirierenden Menschen zusammen bin – mit den Frauen der neu ins Leben gerufenen Frauen-treffen-Frauen-Runde in meinem Wohnzimmer –, denke ich: So könnte es eigentlich immer sein.
Wenn ich alleine bin, alleine Auto fahre, alleine spazieren gehe, alleine in meinen Gedankenräumen herumtanze, denke ich: So könnte es eigentlich immer sein.
Heute beim Spätstück mit meinem Liebsten, wie wir so vor uns hin murmeln und über dies und das philosophieren, denke ich: Eigentlich ist mein persönliches Lebensziel ganz einfach: Glücklich zu sein.
Einfach? Sobald es mir gelingt, mir selbst bedingungslos das Beste zu gönnen. Ohne jegliche Selbsteinschränkungen wie “ich darf doch nicht glücklich sein, solange andere leiden!” Niemand hat etwas gewonnen, wenn ich nicht gut zu mir selbst schaue!
Laut gedachtes, das hier, Gedanken in Worte gepacktes Gespinst. Ich erhebe keine literarischen Ansprüche. Heute nicht. Zu viel ist in mir drin in Bewegung, zu viel beschäftigt mich. Meine berufliche Zukunft ebenso wie was ich heute noch alles tun werde. Tun? Lassen! Sein!
Einmal nichts zu tun ist gar nicht so einfach. Vielleicht sogar ähnlich herausfordernd wie glücklich zu sein. Beide übrigens irgendwie anarchistische Ansinnen. Ganz und gar unökonomische Ansätze. Wer glücklich ist, muss nämlich keine Lecks füllen, muss nicht konsumieren, ist immun gegen Werbeversprechen. Wer nichts tut ebenfalls, da er ja nichts tut, eben auch nichts konsumiert.
Nichts tun konkret: Putzen? Nö, heute nicht, heute nur tun, was das Überleben sichert. Kochen und Holz holen, damit wir nicht verhungern und erfrieren, ist erlaubt. Und Buch lesen auch, die Seele füttern. Bloggen. Und glücklich sein. Jetzt.

Der Anfang vom Ende – Akt 1

Neeeeinnnnn … , ertönt es vielstimmig. Mehr als dreißig Kinderaugen starren mich an. Eine Mischung aus Enttäuschung und Unglauben.
Dann komm ich auch nicht mehr hierher!,
sagt der elfjährige M., nachdem sich das kollektive Nein wieder gelegt hat. Das können Sie mir doch nicht antun!
Und wenn ich mich nun umbringe?,
sagt der zwölfjährige F.. Und später: Das war doch eben nur ein schlechter Witz, Frau M., nicht wahr. Ich meine, dass Sie gehen?
Wenn Ihnen Ihre neue Stelle nicht gefällt, kommen Sie dann wieder zu uns zurück?, fragt H., eine vorwitzige Elfjährige, die mich schon beinahe an den Rand des Wahnsinns getrieben hat.
Wieso gehen Sie denn überhaupt?, fragt der neunmalkluge, zehnjährige L. Ich druckse herum. Dass sich das schwer erklären lässt. Will nicht, dass die Kinder meinen, dass ich wegen ihnen gehe. Denn das ist es nicht. Ich gehe mir zuliebe. Weil ich etwas anderes brauche.
P., die Gruppenleiterin, die ich bereits heute Morgen per Telefon mit meinem bevorstehenden Rücktritt schockiert habe, drückt mich fest an ihr Herz. So, das musste jetzt einfach sein, sagt sie, nachdem wir uns kurz im Team – bevor die Kinder kamen – ausgesprochen haben. War hart, mein Rücktrittsgeständnis, härter als gedacht. Wie traurig meine Kolleginnen reagiert haben, ging mir echt unter die Haut. Umso schöner, von ihnen allen auch viel Verständnis zu spüren.
Noch zwei Wochen. Ich werde es schon schaffen und ich erlaube mir, die Rosinen meiner Arbeit zu genießen. Heute hat die Arbeit mit den Kindern nämlich richtig Spaß gemacht. Ich habe nichts mehr zu verlieren. Ich kann ganz offen sein. Muss niemandem mehr etwas beweisen, am wenigsten mir selbst. Muss nicht mehr müssen. Darf dürfen.
So müsste es sein. So dürfte es sein, meine ich natürlich 🙂